GEDONZIMMER
SALON TODESCO
Der auf tragische Weise bei einem Kutschenunfall früh verstorbene Sohn des Hausherrn und Stammhalter der Familie, Hermann, ließ sich diesen Raum vom Münchner Bildhauer, Architekten, Innenarchitekten und Raumausstatter Lorenz Gedon (1844-1883) im Weltausstellungsjahr 1873 einrichten. Der Bildhauer war erst neunundzwanzig Jahre alt, als er in das von exzellenten Künstlern und Handwerkern überquellende Wien kam und mehr als ein Jahr im Palais Todesco arbeitete. Die Jahreszahl 1873 ist jeweils über der Tür zum Schlafzimmer des Hausherrn, als auch zum Appartement von Hermann angebracht. Gedon signierte im Jahr 1874 sein Werk auf einer Schriftrolle, die … mehr von einem Putto gehalten wird, der rechts vom Kachelofen platziert ist; das Jahr 1874 kann somit als das der Fertigstellung gelten.
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Gedon schuf in verschwenderischer Fülle die geschnitzte Wand- und Deckentäfelung aus massiver Eiche. Mit seinen schweren, dunklen Schnitzereien im Manierismus und den neckisch verspielten Puttenhermen bildet dieser Import aus Bayern den denkbar größten Kontrast zur festlichen Klassizität der knapp zehn Jahre zuvor eingerichteten Räume nebenan. Der Künstler hat sowohl Elemente … mehrhäuslicher Geborgenheit zum Ausdruck gebracht, als auch das neue Fortschrittsbewusstsein, das beispielsweise eine pelzgeschützte Karyatidenfigur eines Polarforschers zeigt, der auf seiner Polarkreiskarte auf das 1872 entdeckte Franz-Josephs-Land deutet. Die Karyatiden haben in erster Linie die Funktion eines Stimmungsträgers. Jede einzelne von ihnen bringt eine bestimmte bemütsbewegung oder Seelenbestimmung zum Ausdruck. Zudem ist jede Figur mit einem Attribut gekennzeichnet, das sie als Vertreter der Musik, der Kunst, des Handels oder Wissenschaft ausweist.

Architekt
THEOPHIL HANSEN
Der Architekt Theophil Hansen (1813-1891) zählt zu den bedeutendsten Künstlern, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Österreich tätig war. Hansen wurde am 13. Juli 1813 in Kopenhagen geboren und besuchte dort die Kunstakademie. Er war mit dem bedeutenden dänischen Klassizismus vertraut, in dessen Architektur ihn unter anderem sein Bruder und Lehrer Hans Christian Hansen einführte. Als dieser nach Griechenland gegangen war, folgte ihm Theophil 1838 nach. Sein Weg führte ihn dabei über Berlin, wo er der Begegnung mit den Werken Karl Friedrich Schinkels einen tiefergreifenden Eindruck verdankte, und über Oberitalien, wo er besonders in Venedig die Bauten Andrea Palladios studieren konnte. In riechenland setzte sich Hansen mit der Baukunst der griechischen Antike auseinander. Die mittelalterliche byzantinische Architektur hatte aber auch eine außerordentliche Wirkung ausgeübt, von der besonders sein romantisch geprägter Wiener Frühstil abhängig erscheint. Im Jahre 1846 wurde er von Christian Ludwig Förster nach Wien geholt. Die Arbeitsgemeinschaft zwischen den beiden Architekten wurde durch die Vermählung Hansens mit Försters Tochter intensiviert, ging jedoch nach deren Tod bald wieder in die Brüche. Hansen zählt zu den wesentlichen Mitgestaltern der Wiener Ringstraßenzone. Die Evangelische Schule (Karlsplatz), das Gebäude des Wiener Musikvereins und das Palais für Erzherzog Wilhelm (Parkring, OPEC Gebäude) sind die wichtigsten Bauten der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts, deren Stil Hansen selbst als „griechische Renaissance“ bezeichnete und die eine hohe Kultur der Innenausstattung aufweisen.
TODESCOS ARBEITSZIMMER
BLAUER SALON
Gegen Norden schließt an den Festsaal das Arbeitszimmer des Hausherrn an. Die Transformation von Grundideen der barocken Deckenmalerei in das 19. Jahrhundert wird in diesem Raum anschaulich. Während früher eine Einzelfigur die absolutistische Decke bestimmte, bildet bei Hansen die Summe der Einzelbilder die Aussage. Die in ein Sternbündel gegliederte Kassettendecke nimmt in den Diagonalen des Plafondspiegels drei weibliche und eine männliche Figur als Personifikationen auf: die Allegorie für die Eisenbahn hält ein Zahnrad, das Flügelrad steht für die Industrie und die Schifffahrt hat als Attribut ein Ruder. Der geflügelte Hut, der Heroldsstab Caduceus, um den sich zwei Schlangen winden, und ein Geldbeutel weisen deutlich auf Merkur hin, den Gott des Handels, beziehungsweise die Allegorie des Handels. Zwischen den Allegorien sind die vier Jahreszeiten, ebenso vor blauem Grund, dargestellt. Der Frühling wird durch jenen Engel repräsentiert, der einen Kranz Blüten über seinen Kopf hält. Der Engel mit der Sichel in der Hand und dem Bündel Getreide über die Schulter gelegt soll den Sommer charakterisieren. Der Engel mit Thyrsosstab und dem Korb mit Weintrauben auf dem Kopf stellt den Herbst dar. Der Winter ist ausgezeichnet durch einen Engel, der Pfeil und Bogen in seiner linken und einen Vogel in seiner rechten Hand hält, den er wohl erlegt hat. Die Gemälde wurden von dem Rahl Schüler Karl Lotz ausgeführt.
In einer Ecke schmückt ein Kamin den Raum. Auf ihm ist ein bekröntes Monogramm mit einem „T“ zu sehen, natürlich eine Anspielung auf die Bewohner Todesco. Zusätzlich ist in dem Monogramm ein „S“ auszumachen. Da der Kamin ursprünglich im Boudoir Aufstellung gefunden hatte, weist dieser Buchstabe auf den Vornamen der Hausherrin, nämlich Sophie, hin.
SALON TODESCO
P L A F O N D
Zu den wohl schönsten und eigenständigsten Arbeiten Gedons zählt der früheste noch erhaltene Plafond. Auf einem relativ zierlichen Konsolgesims, in dem sich Voluten, die vergleichbar sind zu denen, die das Gesims der Vertäfelung tragen, und Zapfen in rhythmischem Wechsel wieder-holen, ruht eine wuchtige Rahmenkonstruktion auf. Die in diesem kräftigen Rahmen eingespannte mächtig profilierte Vierpassform steht in äußerst malerischem Kontrast zu den beinah vollplastisch geschnitzten Ornamentfüllungen, die jede freie Stelle zu über-wuchern und schwerelos vor dem vergoldeten Grund zu schwe-ben scheinen. Die Mitte des Vierpasses ist gänzlich mit Füllorna-mentik, bestehend aus Rankenwerk, Früchtegebinden, Wappen und vier Inschriftentäfelchen ausgelegt. In geschnitzten Buch-staben sind die Begriffe Friede, Glück, Freude und Liebe zu lesen. Zwischen diesen Worten hat Gedon jeweils das Monogramm von Hermann Todesco angebracht.